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Wie verhalten sich Wölfe?

Orca und Carrie
Orca und Carrie
Copyright by Monty Sloan mit freundlicher Erlaubnis


Sicher kennt jeder das Märchen von Rotkäppchen und dem bösen Wolf. Die meisten haben wohl auch schon Wölfe in den engen Gehegenirgendwelcher Zoos gesehen. Nun wird hoffentlich niemand mehr glauben, dass Wölfe sich in fremde Betten legen, nachdem sie die liebe Omi vomsüßen Kind verspeist haben. Das sie Tag und Nacht auf ausgetretenen Pfaden im Beton im Kreis laufen ist da zwar schon wahrscheinlicher,aber doch offensichtlich auch nicht natürlich. Was tun die "armen" wilden Wölfe also, wenn sie keinen Zaun finden an dem sie hin undherlaufen können?

Seit den Anfängen der neuen Wolfsforschung haben sich schon viele faszinierte und oft genug auch faszinierende Menschen mit dieserFrage beschäftigt. Die Liste könnte ziemlich lang werden wenn ich versuchen würde alle aufzuzählen, daher möchte ich mich auf die inDeutschland ansässigen weit bekannten Dr. Erik Zimen, Ehrenwolf Werner Freund und Dipl. Biol. Gesa Kluth beschränken. Um Spekulationen über dieReihenfolge gleich im Ansatz zu ersticken: Es handelt sich um die chronologische Reihenfolge des Beginns der Wolfs- bzw.Canidenforschungen. Bislang traf ich nur Werner Freund im Wolfpark-Merzig. Ich hoffe jedoch dieses Defizit noch innerhalb dieses Jahres beheben zukönnen. 

Nachtrag: Leider bewahrheitet sich mal wieder, dass man etwas sofort tun sollte solange man noch dieChance dazu hat. Erik Zimen verstarb am 19. Mai 2003 an den Folgen eines Hirntumors. Ich habe eine Chance vertan einen meiner Meinung nachbesonderen Menschen kennenzulernen. Doch meine Gedanken liegen bei Mona und den gemeinsamen Kindern, die den Verlust des Gefährten undVaters weit mehr spüren als ich.  www.zimen.de

Viel ist geschrieben und verfilmt, erzählt und vertont worden über Wölfe und ihr Verhalten in Rudeln und als Einzelgänger. Ich möchtemich nicht auch noch darin ergießen das Verhalten von Wölfen festschreibenzu wollen. Das einzige, was ich bisher aus eigener Erfahrung als sicherannehme ist, dass nichts sicher ist. Es gibt kaum eine Aussage, die nicht vonirgendwem schon widerlegt wurde. Der Grund dafür erscheint mir ebenso banal wie logisch: Wölfe sind überraschend intelligent und passen sichden Erfordernissen ihrer Umgebung nicht innerhalb von Generationen an, wie die meisten anderen Tierarten, sondern reagieren sofort und ohne zuZögern. Nur so kann es ihnen gelungen sein dem gezielten Versuch der Ausrottung des Canis Lupus durch den HomoSapiens zu entgehen. Bei meinem Besuch in Merzig habe ich mich bei der Beobachtung von Wölfen und Besuchern oft genug ernsthaft gefragt aufwelcher Seite des Zaunes das intelligentere Wesen steht. Dennoch möchte ich an dieser Stelle mit einigen Klischees aufräumen:

Klischee: Wölfe leben in strengen Hierarchien, deren Struktur mit Gewalt erhalten wird und inder die Mitglieder versuchen einen möglichst hohen Platz einzunehmen.
RICHTIG: Bei den Rudeln der Wölfe handelt es sich vornehmlich umFamilienverbände in denen jeder in seinen Platz hineingewachsen ist. Im Gesamtüberblick kommt es nur selten und situationsbezogen zuaggressivem Verhalten.

Klischee: In einem Wolfsrudel pflanzen sich ausschließlich die Leittiere fort.
RICHTIG: In der Regel paaren sich nur die Leittiere, da sie meist auchdie  Eltern der anderen Rudelmitglieder sind.  Es wurde aber auch schon mehrfach berichtet, dass zwei oder gar drei Fähen einesRudels trächtig wurden und die Welpen auch gemeinschaftlich aufgezogen wurden.

Klischee: Nur die Leittiere liegen eng beieinander, die rangniederen Wölfe dürfen sich ihnen nichtnähern.
RICHTIG: Wölfe pflegen intensive Bindungen, die ebenso zu denrangniederen Wölfen bestehen können wie zwischen den Leittieren. Meist handelt es sich dabei um enge Familienbande z.B. zwischen Vater undTochter oder zwischen Geschwistern.

Klischee: Wölfe fressen mit Vorliebe den Pansen von Wiederkäuern, daher sollte man auch Hundegroßteils pflanzlich ernähren.
RICHTIG:  Wie Günther Bloch häufig im Banff national parkbeobachten konnte, werden zwar die meisten Innereien mitgefressen, wenn ein Wolf die Wahl hat, bleibt jedoch der Pansen mit der vorverdautenGrünkost liegen.

Klischee: Der Alphawolf führt das Rudel wenn es unterwegs ist. Die anderen Wölfe müssen hinterihm gehen.
RICHTIG: Auch andere Wölfe, gerade Jungwölfe dürfen vorausgehen um dieGegend zu erkunden. Der Leitwolf entscheidet jedoch über den einzuschlagenden Weg. Dabei übernimmt er entweder wenn dervorausgehende unschlüssig ist, oder er geht einfach woanders lang und überlässt es dem Rudel ihm zu folgenoder ihn (oder sie natürlich) später wiederzufinden.

Klischee: Der Alpha frisst zuerst, alle anderen müssen warten.
RICHTIG: Bei größerer Beute bleibt genug Raum auch andereselbstbewusste Wölfe fressen zu lassen. Ängstlichere Individuen warten jedoch oft, bisdie forscheren Tiere etwas gesättigt sind um nicht in Konflikt zu geraten.Auseinandersetzungen an der Beute beschränken sich meist auf Drohgebärdenund eskalierende persönliche Differenzen einzelner Wölfe.

Klischee: Welpen haben Narrenfreiheit.
RICHTIG: Die Narrenfreiheit beschränkt sich auf die ersten drei bisvier Lebenswochen. Danach setzt eine harte Schule ein, die bis die Welpen Jungwölfe geworden sind anhält und den Welpen unerbittlichklarmacht, dass Bedürfnisse der erwachsenen Wölfe zu beachten sind und welche Körperhaltungen und Gebärden welches Verhalten nach sich ziehen.

Klischee: Wölfe leben in Höhlen.
RICHTIG: Nur Wölfinnen, die gerade geworfen haben, halten sichdauerhaft mit ihren Welpen in der eigens dafür angelegten oder instandgesetzten Wurfhöhle auf. Während dieser Zeit ist der Zugangallen anderen Wölfen verwehrt. Nichtmal der Vater der Welpen darf in aller Regel hinein.Wurfhöhlen werden in aller Regel solangewiederbenutzt, bis sie aus irgendeinem Grund unbrauchbar geworden sind.
Es mag vorkommen, dass Wölfe bei sehr unangenehmen Wetterlagen in denHöhlen Schutz suchen, sie dienen jedoch nicht als Wohnsitz. Eine Ausnahme spielen die indischen Wölfe, die sich zum Teil tagsüber inkleinen Höhlen verstecken, da sie sehr starkem Jagddruck ausgesetzt waren und vermutlich immer nochsind. Diese Höhlen sind aber kurz und unterscheiden sich deutlich von denWurfhöhlen der Fähen.

Klischees gibt es sicher noch viele... Mir fallen nur gerade keine mehr ein. Bei der nächsten Gelegenheit werde ich Günther Blochfragen, er kennt sicherlich noch haufenweise davon. An dieser Stelle kann ich seineSeminare zum Thema Wölfe nur wärmstens empfehlen.

Wer noch nie die Gelegenheit hatte einem Wolf mit relativ natürlichem Verhalten zu begegnen und die unglaubliche differenziertenReaktionen und das vielfältige Kommunikationsverhalten selbst zu erleben, dem kann ichnur wärmstens den Merziger Wolfspark empfehlen. Drei Tage intensive Beobachtung und Interaktion sind meinesErachtens eindrucksvoller und wahrhaftiger als etliche Seiten Fachliteratur, auch wenn ihre Erkenntnissenoch so fundiert und richtig sind.



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